Noch fehlen die großen Visionen: Architektenkammern, Institutionen wie das DAM und Medien wie die Bauwelt sind auf der Suche nach Konzepten, die aufzeigen, wie für die Menschen, die 2015 als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind und kommen, schnell und dennoch nachhaltig Wohnraum geschaffen werden kann. In diesem Zusammenhang ist mir ein Beitrag in die Hände gefallen, den ich 2012 für das Schweizer Magazin tec21 verfasst habe: Darin geht es um zwei beispielhafte Projekte, die nach Erdbeben-Katastrophen in Japan beziehungsweise Italien geschaffen wurden. Architektur für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, und Architektur für Menschen, die ihr gebautes Heim verloren haben und daher eine neue Unterkunft benötigen, entsteht unter derselben Prämisse: Es muss schnell und kostensparend gebaut werden, dennoch sind Bauten gefragt, die Schutz versprechen und dazu beitragen, sich zuhause zu fühlen. Der komplette Beitrag „Wohnen auf Zeit“ ist auf dem Portal nextroom zu lesen, den letzten Absatz poste ich hier, da er meiner Meinung nach auch für das Bauen für Flüchtlinge gilt:
„Die beiden Projekte … haben einiges gemeinsam: Sie wurden in sehr kurzer Zeit entworfen und realisiert, sind ganz oder in Teilen vorgefertigt und haben eine ähnliche Struktur. Beide Projekte sind nicht von professionellen Krisenmanagern, sondern von Architektinnen und Architekten initiiert worden. Angesichts der Überforderung oder des Ungenügens der offiziellen Planungsinstanzen sind sie eigene Wege gegangen, um rasch zu helfen und unter erschwerten Bedingungen mehr als das Minimum an Lebensqualität zur Verfügung zu stellen. Angesichts des Ausmasses der Zerstörungen entsprechen die beschriebenen lokalen Projekte dem sprichwörtlichen Tropfen auf den heissen Stein; für die Umsetzung im grossen Massstab fehlen den Initianten (noch) die Mittel und der politische Einfluss. Wenn sich die Unterkünfte während einiger Jahre bewähren, ist die Hoffnung berechtigt, dass derartige Bauten breite Anerkennung finden und zu Standards für die Unterbringung von Katastrophenopfern werden. Für ihre Akzeptanz ist es wichtig, dass sie die lokalen kulturellen, topografischen und klimatischen Gegebenheiten berücksichtigen; deshalb kann es keine uniforme globale Lösung für die Architektur nach Katastrophen geben.“