Buch

Alles Geier?

By 6. März 2019 No Comments

Soeben ist Wolfgang Bachmanns Buch „Alles Geier!“ erschienen. Die Geschichte des Chefredakteurs einer Architekturfachzeitschrift, der um seine Art der Architekturkritik, seine Art des Blattmachens kämpft – zusammen mit seinen Kollegen, gegen die Verlagsleitung und externe Berater. Natürlich alles fiktiv. Der Chefredakteur Jasper Hartmann ist davon überzeugt, dass journalistische Beiträge zur Architektur von Fachwissen und Leidenschaft getragen werden sollten. Architekturzeitschriften sollen im Kern um ihrer selbst Willen existieren dürfen, und nicht als Träger von Anzeigen und als Vermarktungsinstrument behandelt werden.

Ausgangspunkt von Bachmanns Geschichte ist der Generationenwechsel in einem Familienunternehmen, das die Übernahme durch größere Verlagskonzerne ebenso fürchtet wie die Digitalisierung. Die Methode, die dieser Bedrohung entgegengesetzt wird, ist der Wandel von außen. Nicht das Fachliche wird weiterentwickelt, sondern das Fachliche wird zum Content, der vermarktet wird. Bachmanns Geschichte ist trotz der spürbaren Verzweiflung über die Entwicklung amüsant zu lesen und endet fast versöhnlich, zumindest dafür, dass man als Leser jede Seite mit Unbehagen darauf wartet, dass es den Redakteuren an den Kragen geht. Allerdings ist die Geschichte ja vielleicht auch noch nicht zu Ende.

Die Möglichkeit, dass Hartmann sich durchsetzt, bleibt erhalten, aber vielleicht kommt eben doch ein neuer Chefredakteur mit kaufmännischem Hintergrund, der möglicherweise ein Faible für Baukunst hat, dem die Architektur als Profession aber eher fremd ist. Nach außen wird er den Wandel, den er einläuten soll, zunächst mit einem neuen Layout der Zeitschrift unterstreichen. Das erstellt natürlich nicht der Haus- und Hofgrafiker, der nun ausgedient hat, sondern externe Agenturen, die sich mit der Zeitschrift zum ersten Mal beschäftigen, wenn der Pitch vor der Tür steht. Dieses frei entwickelte Konzept gibt die Struktur vor, in die sich der Inhalt künftig fügen muss.

Die Leser bemerken die Veränderungen. Doch nur wenige ältere Semester stören sich daran, den meisten fällt vor allem das frische Erscheinungsbild ins Auge. Und das ist das eigentliche Problem: Fachjournalismus wird schon lange nicht mehr verschlungen, sondern allenfalls überflogen, etwa auf der Suche nach irgendeiner konkreten Info. In nur wenigen Blättern ist daher noch Architekturkritik zu finden, die gekonnt Baugeschichte, technische Details, gesellschaftliche Relevanz und Bedeutung für den Ort so zu einem lesenswerten Ganzen verwebt, dass man staunend in der Lektüre versinkt. Denn wenn es offensichtlich nicht mehr auf den Wert des Textes ankommt, lassen sich Zeit und Geld sparen. Auf der Strecke bleibt dabei die intellektuelle Beschäftigung mit der gebauten Umwelt der Gegenwart.

In Bachmann Buch bemerkt auch Chefredakteur Jasper Hartmann, dass die Leser weniger werden, dass das Interesse an seiner Arbeit dahinschwindet. Trotzig setzt er dem entgegen, dass er seine eigene Zielgruppe sei, das Heft mache, das er selbst gern lesen möchte. So überheblich es klingt, so sehr möchte man dem zustimmen. Denn der Architekturjournalismus selbst ist es, der ohne diese Einstellung in Gefahr gerät, für den kein Platz mehr ist.

Claudia Hildner

Claudia Hildner

Zuerst war die Liebe zum geschriebenen Wort, zu der sich die Faszination für Architektur gesellte. Meine Leidenschaften habe ich zum Beruf gemacht und arbeite nun als freiberufliche Journalistin und Redakteurin für Fachzeitschriften, Zeitungen, Bücher und Websites.